Gesprochen hat vor allem der Bürger
Konsequenzen aus dem Bad Homburger Wahlergebnis stehen noch aus / Unerwartet deutliches Ergebnis


bie. BAD HOMBURG. Genau ansehen, sorgfältig analysieren, in einer Klausurtagung bereden: Die Bad Homburger CDU hat nach der Niederlage in der Oberbürgermeisterwahl Gesprächsbedarf. Von Konsequenzen, gar personellen, ist noch keine Rede: "Wir sind ein Team und wollen uns als Team weiter einbringen", sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Alfred Etzrodt noch am Wahlabend. Gesprochen hat am Sonntag auch der Wähler, und er hat es in einer Deutlichkeit getan, mit der keine der beiden Seiten gerechnet hatte. Mit fast 60 Prozent der Stimmen übertrumpfte Michael Korwisi (Die Grünen) in der Stichwahl Oberbürgermeisterin Ursula Jungherr (CDU). Die 59,5 Prozent für den als Unabhängigen antretenden Korwisi entsprachen 10 513 Stimmen. Das waren fast 4300 mehr als im ersten Wahlgang am 26. April. Und es sind mehr als die knapp 3500 Stimmen, die damals auf den ausgeschiedenen Karl Heinz Krug (SPD) entfielen.



Jungherr hat im Vergleich zum ersten Wahlgang ebenfalls zulegen können, und zwar um genau 942 Stimmen auf 7151. Doch die von 41,4 auf 45,8 Prozent gestiegene Wahlbeteiligung ist auch Korwisi zugutegekommen. Die Rechnung nach der Wahlempfehlung der SPD, Krug plus Korwisi ist gleich eine Mehrheit für den Wechsel, ging auf. An eine solch simple politische Kalkulation hat vermutlich nicht einmal der Gewinner geglaubt. Dabei konnte Korwisi auch in Wahlbezirken wildern, die im ersten Wahlgang noch eine Mehrheit für Jungherr verzeichnet hatten. Die Oberbürgermeisterin lag nur noch in der Volkshochschule, einem der Bezirke von Dornholzhausen und dem Kaiserin-Friedrich-Gymnasium vorne. Außerdem in lediglich zwei von acht Briefwahlbezirken. Die Stadtteile gingen für die Amtsinhaberin komplett verloren.

Wie sehr sich in der Wahl bestimmte Themen niedergeschlagen haben, zeigte auch das Abschneiden Korwisis. Nicht in seinem Heimatstadtteil Kirdorf bekam er die meisten Stimmen, sondern in der Humboldtschule, wo sich der Streit um den Neubau der Pestalozzischule in der Nähe des Platzenbergs ausgewirkt hat.

Über die spezifischen Bad Homburger Bedingungen hinaus deutete gestern die Landesspitze der Grünen das Ergebnis. Die Bürger hätten nach 61 Jahren die Nase voll gehabt von der "Selbstherrlichkeit der örtlichen Union", äußerten die Vorsitzenden Kordula Schulz-Asche und Tarek Al-Wazir. Das Ergebnis sei aber auch eine "persönliche Niederlage" für Minister Jürgen Banzer als Vorsitzender der Hochtaunus-CDU. Der Grünen-Landesverband sei stolz, mit Michael Korwisi den ersten grünen Oberbürgermeister und den vierten Grünen an der Spitze einer kommunalen Verwaltung zu stellen.


Text: F.A.Z., 12.05.2009, Nr. 109 / Seite 45